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Saturday, July 4, 2020

Plakate, Bananen, Affengesten:Rassismus zermürbt Englands Fußball - n-tv NACHRICHTEN

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Im englischen Fußball nehmen rassistische Vorfälle zu - sogar bei Geisterspielen ohne Publikum. Während eine neue Spielergeneration die Stimme erhebt, ringt die Premier League um den richtigen Umgang mit "Black Lives Matter".

Wer gehofft hatte, dass mit den Zuschauern auch der Rassismus aus dem englischen Fußball verschwinden würde, der ist gerade eines Besseren belehrt worden. Oder eher: eines Schlechteren. Die Spieler von Manchester City und des FC Burnley hatten sich niedergekniet vor ihrer Premier-League-Partie (5:0) vor knapp zwei Wochen, so wie es seit dem Neustart nach der Corona-Pause bei allen Partien in Englands Elite-Liga aus Solidarität mit der "Black-Lives-Matter"-Bewegung passiert, als am Himmel über Citys fast menschenleerem Stadion die entgegengesetzte Botschaft auftauchte. "White Lives Matter Burnley", stand auf dem Banner, das von einem Kleinflugzeug gezogen wurde.

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Ein Eklat in Burnley.

(Foto: picture alliance/dpa)

Der Verein aus Lancashire rund 40 Kilometer nördlich von Manchester distanzierte sich unverzüglich und machte sich sogar die Mühe, zu erklären, dass selbstverständlich alle Leben zählen würden, der Spruch im aktuellen Zusammenhang allerdings ein Statement gegen den Kampf um Gleichberechtigung für Menschen mit dunkler Haut sei. Rassismus also. Burnley-Kapitän Ben Mee schämte sich öffentlich: "Diese Leute müssen im 21. Jahrhundert ankommen", forderte er die Initiatoren der Flugshow auf und sprach wie üblich bei solchen Vorfällen von "einer kleinen Minderheit", die hier ihr Unwesen getrieben habe. Das trifft sicher zu, allerdings treten derartige Minderheiten immer öfter in Erscheinung im englischen Fußball.

Die britische Regierung registrierte in der abgelaufenen Saison einen Anstieg von mehr als 50 Prozent rassistischer Zwischenfälle beim Fußball im Vergleich zum Spieljahr davor. Verschiedene dunkelhäutige Spieler waren in der jüngeren Vergangenheit Ziel solcher Attacken. Raheem Sterling von Manchester City wurde im Dezember 2018 von Chelsea-Fans rassistisch beleidigt, ein Tottenham-Fan warf im gleichen Monat eine Banane in Richtung des einstigen Dortmunders Pierre-Emerick Aubameyang vom FC Arsenal. Beim Manchester-Derby im vergangenen Dezember verhöhnten einige City-Anhänger Uniteds Brasilianer Fred mit Affen-Gesten. Chelseas deutscher Nationalspieler Antonio Rüdiger stellte nach ergebnislosen Ermittlungen wegen angeblich rassistischer Beleidigungen gegen ihn bei einem Spiel bei Tottenham eine verheerende Diagnose: "Der Rassismus hat gewonnen."

"Es ist schlimmer geworden"

Natürlich muss man die Entwicklung in einen größeren Zusammenhang stellen, man muss über den Stadionrand hinaus blicken. In Zeiten des Brexit nimmt die Feindseligkeit gegenüber Minderheiten in der britischen Gesellschaft insgesamt zu. "Es ist in den vergangenen Jahren in diesem Land schlimmer geworden, nicht nur im Fußball", stellte der langjährige Nationalspieler Gary Neville nach den Attacken auf Fred fest. Mit diesem Befund lag er ebenso richtig wie Sterling, der nach den Anfeindungen gegen sich die oft bösartige englische Boulevardpresse mitverantwortlich gemacht hatte für den Rassismus in der Gesellschaft. Eine Studie hat gerade nachgewiesen, dass auch die Sprache englischer TV-Kommentatoren von vermeintlich unbewusstem Rassismus geprägt ist.

Dass das Thema seit einer Weile intensiv diskutiert wird im englischen Fußall, das ist das Verdienst einer neuen Spielergeneration, die sich nicht damit abfinden will, zu Menschen zweiter Klasse erklärt zu werden. Sterling ist das Gesicht dieser Generation, doch auch Profis wie Marcus Rashford von Manchester United, Tyrone Mings von Aston Villa oder Chelsea-Verteidiger Rüdiger prangern immer wieder Rassismus an. "Meine Generation hat noch die andere Wange hingehalten. Aber diese Generation lässt sich das nicht mehr gefallen", sagte der englische Ex-Nationalspieler Ian Wright, Sohn jamaikanischer Einwanderer, im Oktober. Damals hätte Englands Auswahl beim EM-Qualifikationsspiel in Bulgarien fast den Platz verlassen nach ständigen Affenlauten von den Rängen. Die Empörung war groß auf der Insel, doch Gareth Southgate warnte vor moralischer Überheblichkeit angesichts der Probleme im eigenen Land. Der Nationaltrainer hat die Gabe, fast immer das Richtige zu sagen.

Statement auf dem Trikot

Auch die Premier League meint es gut damit, dass sie den Neustart nach der Corona-Pause unter das Motto "Black Lives Matter" gestellt hat. Am ersten Spieltag nach der Rückkehr aus dem fußballerischen Lockdown war der Schriftzug sogar anstelle der Spielernamen auf den Trikots zu lesen. Seitdem ist die Parole noch auf den Ärmeln sichtbar. Doch es gibt auch Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Engagements der Liga. Schließlich erlaubt sie politische Meinungsäußerungen normalerweise nicht.

Als Mesut Özil vom FC Arsenal im Dezember auf die Unterdrückung der muslimischen Uiguren-Minderheit in China aufmerksam machte, distanzierte sich sein Arbeitgeber umgehend und verwies auf das Gebot, dass man als Verein unpolitisch sei. Premier-League-Chef Richard Masters stellte unter der Woche bei einer Fragestunde des Sportausschusses im britischen Parlament erstaunliche rhetorische Verrenkungen an, um zu erklären, welches Maß an Mündigkeit den Profis künftig gestattet ist. "Es gibt eine klare Linie zwischen einer politischen Agenda und moralischen Anliegen", behauptete er. "Black Lives Matter" ist seiner Meinung nach Letzteres und daher zulässig. Mit einer gleichnamigen Organisation will die Premier League allerdings nichts zu tun haben. Die Liga ringt um den richtigen Umgang mit dem Slogan.

Wichtiger als solche Zeichen sind ohnehin konkrete Maßnahmen, um der Benachteiligung von Minderheiten entgegenzuwirken, und zwar auf allen Ebenen des Fußballs. Gerade hat die Premier League mit dem Ligaverband der Spielklassen zwei bis vier (EFL) und der englischen Spielergewerkschaft ein Programm angekündigt, das schwarzen Ex-Profis den Einstieg ins Trainergeschäft erleichtern soll. Der Schritt ist dringend nötig. Aktuell gibt es in der Premier League genau einen dunkelhäutigen Übungsleiter, und zwar Nuno Espírito Santo bei den Wolverhampton Wanderers.




July 04, 2020 at 02:12PM
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