Wo sind wir denn hier gelandet? Das sind doch keine tropischen Breiten. Das ist doch tiefstes
Mecklenburg; Klimazone: gemäßigt kühl. Durchs Schilf streift der böige Wind, über dem See ziehen dunkle Wolken. Die Kleinstadt Bützow im September, und in einem Garten wächst eine Pflanze, die exotischer kaum sein könnte: eine Bananenstaude, acht Stämme, drei, vier Meter hoch, riesige Blätter, und – man reibt sich die Augen – die Staude blüht nicht nur, sie trägt Früchte! Grüne, fingerlange Minibananen.Herr über die Staude ist
Bernd Zikarsky, 77 Jahre alt, geboren in Stettin, aufgewachsen in Sachsen und seit den 1960er-Jahren in Bützow zu Hause. Er hat im Schiffbau und beim Deutschen Roten Kreuz gearbeitet. Und er kaufte zusammen mit seiner Frau vor 20 Jahren die kleine Idylle mit Gartenhäuschen am Ufer des Bützower Sees, sanierte das heruntergekommene Haus von Grund auf und legte den Garten an.Stauden aus dem Katalog
Vor acht Jahren sah
Bernd Zikarsky in einem Pflanzenkatalog dann die Bananenstauden. Warum es nicht mal damit versuchen? Er kannte solche Gewächse aus dem Urlaub im Süden, Kanaren, Spanien, wo es fast immer warm ist, wo Orangen und Zitronen wachsen, wo man Bananen in Plantagen zieht, bis sie groß, prall und gelb im Supermarkt zum Verkauf liegen. Er bestellte zwei Stauden, 30 Zentimeter hoch, und bereitete ihnen aus mit Pferdedung gemischter Pflanzerde ein schönes Lager.50 Liter Wasser pro Tag
Bernd Zikarsky goss wie ein Weltmeister: 50 Liter Wasser aus dem See pro Tag und bei Hitze noch zwei Kannen extra. Alle paar Tage wurde gedüngt. Dann kam der Sommer 2020: „Ich dachte, das gibt’s doch nicht!“, sagt er. Tatsächlich – zwischen den Blättern lugte ein knollenförmiger Blütenstand hervor. Und als der größer wurde und seine Blätter abfielen, kamen darunter Blüten hervor, die sich zu kleinen Früchten auswuchsen. „Nach acht Jahren hat sich das Warten gelohnt“, freut sich Bernd Zikarsky und lacht.Im Überschwang bot er Verwandte und Freunden die
Bananen – sollten sie dereinst ausgereift sein – für fünf Euro das Stück an. Nun ja. Inzwischen stellt er sich die Frage, ob die Früchte überhaupt noch ausreifen. Schließlich verharren sie seit Wochen fingerlang in grüner Schale. Auch treibt ihn die Sorge um, ob die Staude nicht abstirbt, wenn sie jetzt ihrer natürlichen Blühbestimmung nachgekommen ist.In
Rostock wachsen Bananen im TropenhausDer Kustos des Botanischen Gartens der
Universität Rostock, Dethardt Götze, kennt sich mit Bananen aus. Im Tropengewächshaus der Anlage gedeihen seit vielen Jahren Bananenpflanzen. Allerdings haben sie hier eindeutige Standortvorteile gegenüber den Minibananen vom Bützower See: Im Tropenhaus herrschen – wie der Name sagt – tropische Bedingungen mit Temperaturen bis 28 Grad Celsius und hoher Luftfeuchtigkeit.Und sie tragen üppig. An einem Fruchtstand reifen bis zu 200
Bananen der Sorte Musa paradisiaca, auch Dessertbanane genannt, erklärt Dethardt Götze. Die ersten kleinen Früchte zeigen sich immer im Herbst, legen in den dunklen Wintertagen eine Wachstumspause ein, bevor sie gegen Ende März erntereif und essbar sind!Die Bützower
Banane identifiziert der Botaniker als Japanische Faser-Banane (lat.: Musa basjoo). Dass sie an der mecklenburgischen Frischluft so groß wird und Früchte bekommt, sei schon spektakulär. „In unserem Klima braucht man durchgehend ein bis zwei Jahre warme Witterung mit mildem Winter, damit es überhaupt zur Ausbildung eines Blütenstands kommt“, erklärt Götze.Auch kann er
Zikarskys Sorgen zerstreuen: Seine Staude werde trotz Blüte am Leben bleiben und wieder neu wachsen. Nur in einem muss Götze dem Bützower Bananenfreund die Hoffnung nehmen: Die Früchte seiner Bananenstaude werden nicht ausreifen: „Dafür reicht die Wärmemenge in unseren Breiten nicht aus.“Japanische Banane aus China
Die Japanische Faser-Banane (lat.: Musa basjoo) stammt aus
Südchina und kam erst später nach Japan. „Das ist im Grunde die einzige frosttolerante Bananenart, die zur Gewinnung von Pflanzenfasern oder zur Zierde in milden Gegenden gepflanzt wird“, erklärt der Kustos des Botanischen Gartens Rostock, Dethardt Götze. In Mecklenburg-Vorpommern sei die Pflanze jedoch schon bei starken Frösten am Rande ihrer Möglichkeiten.Die Bananenarten haben Götze zufolge generell nach Geschlechtern getrennte Blüten in einem
Blütenstand. Zunächst kommen zahlreiche weibliche Blüten, die dann Früchte ausbilden, Richtung Sprossende folgen dann männliche Blüten oder zunächst zwittrige und dann männliche (wie bei der Obstbanane). Die männlichen Blüten können keine Früchte bilden, und dieser Teil des früheren Blütenstands vergeht dann auch schon, bevor die Früchte oberhalb reif sind.Von
Axel Meyer-StöckelSeptember 09, 2020 at 01:00AM
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Bützow: Mecklenburger pflanzt Bananen in seinem Garten - Ostsee Zeitung
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Banane
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